KUNSTBLOG – Avatare, Agenten & Aura
Avatare vermitteln Identität
In New Eden ist die Identität eines Spielers von großer Bedeutung. Status, Ruf, Reichtum und Macht erwachsen aus den Identitäten, die Spieler für sich erschaffen.
Die ersten und visuellsten Darstellungen dieser Identität sind der dreidimensionale Avatar und das Charakterporträt.
Da sich das Geschehen in EVE aber hauptsächlich im Weltraum abspielt, haben wir uns gefragt, wie Spieler im Weltraumabenteuer EVE besser von ihren Avataren profitieren können.
Neue Ziele
Einige Avatar-basierte Konzepte haben bereits Eingang ins Spiel gefunden – darunter die CEO-Porträts auf Strukturen. Viele unserer größeren Ideen hatten das Element gemein, den Charakteren mittels Animationen Leben einzuhauchen.
Das Katia Sae-Denkmal
Zustandsmaschinen
Charaktere, die sprechen und sich bewegen, erfordern zusätzliche Komplexitätsebenen: Eine dezente Animation für Inaktivität (Idle-Animation) bildet die Grundlage für bewusste Bewegungen. Darüber werden Lip-Sync-Animationen und Gesichtsausdrücke gelegt, die die Stimmung der Charaktere ausdrücken.
Um möglichst flexibel zu sein, werden Animationssysteme in Spielen um sogenannte „Zustandsmaschinen“ herum gebaut, die verschiedene Verhaltenszustände repräsentieren und dabei darstellen, wie eine animierte Einheit zwischen diesen Zuständen wechselt.
Schiffe in EVE verwenden eine Zustandsmaschine, die es bspw. ermöglicht, bewegliche Teile zu verändern, während das Schiff in den Warpzustand übergeht, und diese Teile erneut zu ändern, wenn das Schiff auf dem Feld landet.
Wie sich herausstellte, verfügte unsere bestehende Animations- und Modellierungs-Middleware für das Fliegen im Weltraum bereits über ein Zustandsmaschinensystem, das ideal für unsere Zwecke war.
Allerdings machte dies explizite Änderungen am EVE-Spielclient erforderlich: Neue Tools, Animationen sowie Software-Änderungen waren nötig, um Laden und Wiedergabe zu ermöglichen und Zustandsänderungen für diese Maschinen auszulösen.
Wie ein Animator die Zustandsmaschine eines Charakters sieht
Zappelnde Hände …
Unser erstes Projekt mit diesem System bestand darin, der Charaktererstellung in EVE eine interessantere Idle-Animation hinzuzufügen.
Im Zuge vorheriger Änderungen, bei denen veraltete Middleware entfernt wurde, wurde die komplexe, variable Idle-Animation durch eine lange, sich wiederholende Animation ersetzt.
Diese sah zwar ähnlich aus, doch ihr fehlten dramatischere Bewegungen wie etwa gelegentliches Herumzappeln. Uns war daran gelegen, etwas von dem Leben und der Komplexität wiederherzustellen, die durch diese Arbeit verlorengegangen waren.
Das neue Zustandsmaschinensystem ermöglicht es uns, mit einfachen inaktiven Bewegungen und der Atmung zu beginnen und in Abständen Aktivitäten wie Händezappeln, Umherschauen und mehr auszulösen. Außerdem haben wir das Potenzial der Maschine dafür genutzt, noch interessantere Aktionen in der Vollkörperansicht einzufangen, während sich der Charakter in der Nahansicht weniger bewegt. Schließlich sollen Spieler ihrem Charakter nicht mit der Maus hinterherjagen müssen, während sie ihn bearbeiten.
Was schaut er sich da an?
Ein neuer Look für Aura
Gleichzeitig wollten wir einen neuen Look für Aura erschaffen. Bis dato wurde Aura im Spiel stets durch gezeichnete 2D-Bilder dargestellt. Nun sollte sie eine körperliche Form als 3D-Avatar erhalten: Es galt, ihr bestehendes Erscheinungsbild zu verbessern und dabei ihre Identität zu bewahren. Nachdem wir verschiedene Darstellungen und Beschreibungen ihres Erscheinungsbilds im Laufe der Jahre unter die Lupe genommen hatten, fanden wir die Hologramm-Darstellung von Excena Foer in den EVE Chronicles am ansprechendsten.
Was kostet der Agent im Fenster?
Vor der neuen Aura wurden in EVE nur selten 3D-Charaktere in Fenstern gerendert: im Vollkörper-Vorschaufenster der „Info anzeigen“-Dialogbox eines Charakters, beim Live-Porträt des Charakterübersicht-Headers sowie bei der Kleidungsvorschau in den Ansichten im New Eden Store und im spielinternen Markt. (Diese unterscheiden sich technisch gesehen vom Charaktererstellungs- und Charakteranpassungsbildschirm, wo die Charaktere in einer Vollkörperansicht erscheinen, die zur Charakterszene gehört.)
Jedes dieser Fenster ist maßgefertigt und verwendet jeweils leicht abgeänderte technische Mittel, um den Charakter und die Szene, die ihn enthält, darzustellen.
Um es uns zu erleichtern, an anderen, beliebigen Stellen im Spiel Charaktere einzufügen, brauchten wir ein Szenenformat, das alle Bausteine zum Aufbau jedes Charakters in einer Szene enthielt – Beleuchtung, eine Kamera, einen optionalen Hintergrund, eine allgemeine Farbkorrektur, Audiosignale und Animationen.
Die Erschaffung der neuen Aura
Auras Zustandsmaschine beinhaltet Elemente, die bestimmte, zufällige Gesten möglich machen, sowie spezielle Elemente, die es ermöglichen, ihr Aussehen, ihre Ausrichtung und weitere wichtige Eigenschaften ihrer Bewegungen von Hand zu animieren.
Mit Auras Zustandsmaschine können außerdem Gesichtsformen gesteuert werden, die an diverse, gewöhnliche Sprachlaute angepasst sind. Mussten Animatoren Gesichtsformen in der Vergangenheit noch manuell bearbeiten, um sie an die Sprache anzupassen, existieren inzwischen handelsübliche Tools, mit deren Hilfe der Prozess automatisiert werden kann. Dadurch verringern sich der Zeit- und Arbeitsaufwand pro Szene.
Mithilfe eines automatisierten Tools haben wir uns durch sämtliche, aufgezeichnete Dialogzeilen von Aura gearbeitet, um einen ersten Durchlauf ihrer Gesichtsform-Animationen starten zu können: Wir haben kleine Änderungen an der Stimmenaudio vorgenommen und sie über die Körper-Animation gelegt, die wir durch Eingaben in ihrer Zustandsmaschine erstellt hatten.
Zunächst fügten wir eine allgemeine Nahaufnahme von Aura ins Tutorial ein, die neutral belichtet war und einen inaktiven Zustand zeigte. Als dann für jede Zeile Animationen verfügbar waren, modifizierten wir die Tutorial-Daten, um sie abzuspielen. Als die Arbeit am gesamten Tutorial abgeschlossen war, hatten wir spezielle Szenen für über 100 Dialogzeilen erstellt.
Die Animation einer Szene in Jessica
Der letzte Schliff
Gibt man Auras Szenen im Tutorial in Echtzeit wieder, ist sie in einer deutlich dynamischeren Umgebung zu sehen, als wenn man ihre Animation in einem Video rendern würde.
Spieler können Fenster frei bewegen, Dialogzeilen überspringen, das Tutorial-Fenster verkleinern und vergrößern (sobald das Neocom sichtbar ist) und weitere Fenster, darunter die Einstellungen in EVE, öffnen. Eine ausführliche Entwicklung und Tests waren ebenfalls notwendig, um das Niveau zu erreichen, das ihr heute im Tutorial sehen könnt.
Aura, wie sie im Tutorial erscheint
Was bringt die Zukunft?
Während dieses Projekts lag unser Fokus darauf, die Grundlage dafür zu schaffen, künftig in alle Bereiche des EVE-Erlebnisses Charaktere einfügen zu können. Derzeit gleicht die Darstellung von Aura im Tutorial noch einer kleinen Filmsequenz, doch im weiteren Entwicklungsverlauf wird es mithilfe der Zustandsmaschinentechnologie möglich sein, beständigere Charaktere zu schaffen, deren Verhalten sich an das Geschehen im Spiel anpasst.
Dies eröffnet künftig viele Möglichkeiten – zum Beispiel wird das Gesicht eurer Feinde besser erkennbar sein, oder sie können eures sehen.
Die realistischere Darstellung von Aura im Tutorial macht sie zur idealen Weltraumgefährtin, die Spielern während ihrer ersten Spielstunden beim Erkunden von New Eden Gesellschaft leistet.